Gesang oder Taste?

Wenn man mit einem im barocken Feld tätigen Musiker spricht, wie kann man sofort unterscheiden, ob man einen Sänger oder einen Tasteninstrumentalisten vor sich hat? Man erwähnt den Namen Scarlatti. Der Tasteninstrumentalist wird diesen mit Domenico Scarlatti in Verbindung bringen, der Sänger dagegen wird eher an dessen Vater Alessandro Scarlatti denken. Ganz so klar, wie es scheint, ist die Sache natürlich nicht – auch von Domenico gibt es Opern, während Alessandro auch Werke für solistisches Tasteninstrument schuf. Aber die jeweilige musikgeschichtliche Hauptbedeutung ist mit der erwähnten Unterscheidung benannt. Alessandro, geboren am 2.5.1660 auf Sizilien, wirkte hauptsächlich in Rom und in Neapel, wo er ein reichhaltiges Werk schuf und sich auf die jeweilige Situation einzustellen wusste. Wurde beispielsweise aus bestimmten Anlässen die Aufführung von Opern während der Karnevalszeit untersagt, schrieb er eben Kirchenmusik, und dass so manches Oratorium mit anderem Text problemlos als Oper durchgehen würde, ist daher kein Zufall. Am 24.10.1725 starb Alessandro Scarlatti in Neapel. Während Domenicos Tastenmusik aber über die Folgejahrhunderte zumindest in gewissem Maße immer präsent blieb, wurde speziell die Kirchenmusik seines Vaters erst ab dem 19. Jahrhundert im Zuge der Rückbesinnung auf den „Palestrina-Stil“ schrittweise wiederentdeckt. Seit 1961 gibt es übrigens auf der Alexander-I.-Insel in der Antarktis, auf der Landschaftselemente nach Komponisten benannt werden, einen Berg namens Scarlatti Peak. Dass dessen nordwestlicher Nachbar Holst Peak heißt, ist allerdings musikhistorisch schwer begründbar.

Das Nachahmen von Naturlauten oder Instrumentalklängen mittels der menschlichen Stimme war im italienischen Barock ein beliebtes Stilmittel, und auch Alessandro Scarlatti bediente sich dessen in seiner Sammlung „Arie con tromba solo“ – in diesem Falle soll die Stimme an Trompetenschall erinnern. Die Sopranistin Friederike Holzhausen bringt gemeinsam mit Susanne Ehrhardt (Blasinstrumente) und Sabine Erdmann (Tasteninstrumente) auf der CD „Amor & Rosignolo“ drei dieser Arien zum Klingen, gemeinsam mit anderen Genrebeispielen von Händel, Corelli, Purcell und weiteren Komponisten. (Nein, Holst ist nicht dabei.)

 

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